Die Immobilienpreise sind seit vielen Jahren kontinuierlich gestiegen. Im Gegensatz hierzu hat sich die Bewertung der Immobilien bei Erbschafts- und Schenkungsfällen bisher nicht verändert. Nunmehr ergeben sich voraussichtlich weitreichende Änderungen bei der Bewertung von Immobilien nach dem Sachwertverfahren (Wohneigentum, Ein- und Zweifamilienhäuser) und nach dem Ertragswertverfahren (Mietobjekte).
Geplante Änderungen im Sachwertverfahren:
Das Bewertungsgesetz (BewG) sieht für die Bewertung von Wohneigentum, Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäusern grundsätzlich die Bewertung im Vergleichswertverfahren vor. Da Vergleichswerte jedoch in der Praxis häufig nicht vorliegen, wird auf das Sachwertverfahren zurückgegriffen.
Bei diesem Verfahren werden (fiktive) Regelherstellungskosten, welche das BewG vorgibt, mit einem Baupreisindex (dieser wird auf Grund der gestiegenen Baukosten jährlich angepasst) multipliziert. Von diesem Wert wird eine Alterswertminderung abgezogen. Die Alterswertminderung ist wie eine jährliche Abschreibung zu verstehen, wobei die Gesamtnutzungsdauer z.B. für ein Einfamilienhaus von 70 auf 80 Jahre angehoben wird, dadurch erhöht sich der Gebäudesachwert. Der Gebäudesachwert ist mit einem Sachwertfaktor zu multiplizieren. Die Sachwertfaktoren werden im Rahmen des JStG 2022 ebenfalls angehoben. Für ein durchschnittliches Einfamilienhaus liegt der Wert bisher bei 0,9. Ab dem Jahr 2023 muss dieser mit 1,3 multipliziert werden. Zudem wird ein weiterer Multiplikator aufgenommen: der Regionalfaktor. Dieser wird von den Gutachterausschüssen festgelegt. Falls kein Regionalfaktor vorliegt, ist der Faktor mit 1,0 zu berücksichtigen.
Beispiel: Einfamilienhaus mit 1200 m² Grundstück, Alter 10 Jahre soll an die Tochter verschenkt werden
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2022 |
2023 |
Gebäudeherstellungswert |
350.000,00 € |
350.000,00 € |
Alterswertminderung |
- 50.000,00 € |
-43.750,00 € |
Bodenwert 1200 m² x 280,00 € |
336.000,00 € |
336.000,00 € |
Summe |
636.000,00 € |
642.250,00 € |
X Sachwertfaktor |
0,9 |
1,3 |
Summe |
572.400,00 € |
834.925,00 € |
X Regionalfaktor |
- |
1,1 (Annahme) |
Summe |
572.400,00 € |
918.417,50 € |
- Freibetrag Kind |
-400.000,00 € |
-400.000,00 € |
Zu versteuern |
172,400,00 € |
518.417,50 € |
Steuersatz |
11% |
15% |
Schenkungsteuer |
18.964,00 € |
77.762,63 € |
Geplante Änderungen im Ertragswertverfahren:
Wenn eine vermietete Immobilie verschenkt oder vererbt werden soll, sieht das Gesetz die Bewertung nach dem Ertragswertverfahren vor. Bei dieser Bewertung wird die Berechnung im Wesentlichen auf Basis der Jahresmiete bzw. der üblich erzielbaren Mieten abzüglich der Bewirtschaftungskosten durchgeführt. Die Bewirtschaftungskosten werden bislang pauschal ermittelt. Das Gesetz sieht vor, die Bewirtschaftungskosten (Verwaltungs- und Instandhaltungskosten) an den Verbraucherpreisindex anzupassen.
Von dem so ermittelten Reinertrag wird die sogenannte Bodenwertverzinsung abgezogen. Diese setzt sich zusammen aus dem Bodenwert multipliziert mit einem Liegenschaftszinssatz. Die Liegenschaftszinssätze werden ebenfalls geändert. Dadurch ergeben sich teilweise deutlich höhere Werte.
Beispiel: Vater verschenkt vermietetes Mehrfamilienhaus (Bodenwert 1.000 m² á 250,00 €), 10 Jahre alt an Sohn (auf die Bewirtschaftungskosten wird in dem Beispiel aus Vereinfachungsgründen nicht eingegangen)
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2022 |
2023 |
Reinertrag des Grundstück |
50.000,00 € |
50.000,00 € |
- Bodenwertverzinsung Bodenwert 250.000,00 € |
250.000,00 x 5% = 12.500,00 € |
250.000,00 € x 3,5% 8.750,00 € |
= Gebäudereinertrag |
37.500,00 € |
41.250,00 € |
X Vervielfältiger Anl. 21 BewG |
18,93 bei Restnutzungsdauer 60 Jahre, Zinssatz 5% |
26,00 bei Restnutzungsdauer 70 Jahre, Zinssatz 3,5% |
= Gebäudeertragswert |
709.875,00 € |
1.072.500,00 € |
Zzgl. Bodenwert |
250.000,00 € |
250.000,00 € |
= Grundbesitzwert |
959.875,00 € |
1.322.500,00 € |
- Freibetrag Kind |
-400.000,00 € |
-400.000,00 € |
zu versteuern |
559.875,00 |
922.500,00 € |
Steuersatz |
15% |
19% |
Schenkungsteuer |
83.981,25 € |
175.275,00 € |
Die Beispiele zeigen auf, dass die Belastung mit Erbschaft- und Schenkungssteuer ab dem 01.01.2023 deutlich steigen kann.
Trotz der neuen Bewertungen, welche ab dem Jahr 2023 vorgesehen sind, hat der Steuerpflichtige nach wie vor die Möglichkeit den Nachweis eines niedrigeren Wertes vorzulegen. Der Nachweis kann durch ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses erbracht werden.
Sollte sich der Wert eines Gutachtens nicht als günstiger erweisen, ist es ratsam, eine Schenkung noch in diesem Jahr durchzuführen. Für die Schenkung eines Grundstückes ist ein notariell beurkundeter Schenkungsvertrag notwendig.
Das Gesetz wurde am 5.12.2022 im Bundestag verabschiedet. Die abschließende Beratung über die Zustimmung des Bundesrates zum JStG 2022 ist für den 16.12.2022 geplant. Wir halten Sie weiter informiert.
Für weitere Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung!
Ihr Heimbrock Winkler Team!
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